Presseschau: Für Sie gelesen von Reinhard Göddemeyer
Krankenkassen: Ausweitung des Wettbewerbsrechts gefährdet medizinische Versorgung
Anlässlich der heutigen Expertenanhörung im Gesundheitsausschuss zur
8. GWB-Novelle erklären die Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion
Edgar Franke und Bärbel Bas:
Der Wettbewerb im Gesundheitswesen braucht klare rechtliche
Rahmenbedingungen. Der Versuch der Koalition, das Kartellrecht zu diesem
Handlungsrahmen zu machen, wird dem umfassenden gesetzlichen
Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gerecht.
Die flächendeckende medizinische Versorgung der GKV-Versicherten wird
dadurch gefährdet. Das Kartellrecht behindert die Selbstverwaltung im
Gesundheitswesen genau dort, wo Beteiligte im Interesse der Versicherten
zusammenarbeiten wollen. Wenn die Koalition gesetzliche
Krankenversicherungen ganz normalen Unternehmen gleichstellt, käme das
europäische Wettbewerbsrecht zum Zuge und das würde mittelfristig das
Ende der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen bedeuten.
Bei dem Expertengespräch im Gesundheitsausschuss des Deutschen
Bundestag ist es der Bundesregierung nicht gelungen, die weitreichenden
Bedenken gegen die Anwendung des Kartellrechts in der GKV auszuräumen.
Mit dem Bundeskartellamt soll eine zusätzliche Genehmigungs- und
Kontrollinstanz etabliert werden. Damit gibt es im Gesundheitswesen bald
mehr Aufsichtsbehörden als Krankenkassen. Die widersprüchlichen
Rechtsgrundlagen im Kartellrecht und im Sozialrecht schaffen im
Gesundheitswesen neue Bürokratie und Rechtsunsicherheit für alle
Beteiligten. Die sozialrechtlich gewollte Kooperation der Krankenkassen
und Leistungserbringer ist aus kartellrechtlicher Sicht systemfremd. Die
schwarz-gelben Vorschläge der Koalition stellen nicht sicher, dass die
gute Versorgung der Versicherten grundsätzlich über den
ordnungspolitischen Kriterien des Kartellrechts steht.
Die 8. GWB-Novelle ist Teil der Salamitaktik der Bundesregierung, die
GKV zu privatisieren. Dass der Gesundheitsausschuss bei den Beratungen
nicht federführend ist, dass die die GKV betreffenden Artikel bei der
Anhörung im Wirtschaftsausschuss nicht vorkommen und die stille Eile mit
der das Verfahren vorangetrieben wird, sind nur ein Vorgeschmack: Es
droht eine schleichende Verschiebung der gesundheitspolitischen
Kompetenzen in die Wirtschaftspolitik. Wenn wir unseren
gesundheitspolitischen Gestaltungsanspruch nicht aufgeben wollen
brauchen wir einen klaren und besseren sozialrechtlichen Handlungsrahmen
für den Wettbewerb im Gesundheitswesen. Dieser ist im Sozialrecht zu
schaffen und durch eine sozialrechtliche Aufsicht zu überwachen.
Kontakt:
SPD-Bundestagsfraktion
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